Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze

Vom 27. April 2002
[Verkündet am 30. April 2002; BGBl. I S. 1467]

Verweise zum Behindertenrecht:
 
- extern: Das gesamte SGB IX - Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen;
 
- extern: Freifahrt-Möglichkeiten für schwerbehinderte Menschen in Deutschland;
 
und innerhalb von Wedebruch.de:
 
- Auszüge aus dem SGB IX
 
- die konsolidierte SchwbNV - Nahverkehrszügeverordnung,
 
- die konsolidierte SchwbAwV - Schwerbehindertenausweisverordnung.


Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Inhaltsübersicht

Artikel 1 - Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG)
Artikel 1a - Änderung des Bundeswahlgesetzes
Artikel 2 - Änderung der Bundeswahlordnung
Artikel 3 - Änderung der Europawahlordnung
Artikel 4 - Änderung der Bundes-Apothekerordnung
Artikel 5 - Änderung der Approbationsordnung für Apotheker
Artikel 6 - Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen
Artikel 7 - Änderung der Bundesärzteordnung
Artikel 8 - Änderung der Approbationsordnung für Arzte
Artikel 9 - Änderung der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz
Artikel 10 - Änderung des Psychotherapeutengesetzes
Artikel 11 - Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten
Artikel 12 - Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
Artikel 13 - Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde
Artikel 14 - Änderung der Approbationsordnung für Zahnärzte
Artikel 15 - Änderung des Gesetzes über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten
Artikel 16 - Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung vorgeprüfter Apothekeranwärter
Artikel 17 - Änderung des Ergotherapeutengesetzes
Artikel 18 - Änderung des Gesetzes über den Beruf des Logopäden
Artikel 19 - Änderung des Hebammengesetzes
Artikel 20 - Änderung des Krankenpflegegesetzes
Artikel 21 - Änderung des Rettungsassistentengesetzes
Artikel 22 - Änderung des Orthoptistengesetzes
Artikel 23 - Änderung des MTA-Gesetzes
Artikel 24 - Änderung des Diätassistentengesetzes
Artikel 25 - Änderung des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes
Artikel 26 - Änderung des Umweltauditgesetzes
Artikel 27 - Änderung des Bundessozialhilfegesetzes
Artikel 28 - Änderung des Hochschulrahmengesetzes
Artikel 29 - Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes
Artikel 30 - Änderung der Bundesnotarordnung
Artikel 31 - Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung
Artikel 32 - Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes
Artikel 33 - Änderung des Sozialgerichtsgesetzes
Artikel 34 - (ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens weggefallen)
Artikel 35 - Änderung des Börsengesetzes
Artikel 36 - Änderung der Patentanwaltsordnung
Artikel 37 - Änderung des Steuerberatungsgesetzes
Artikel 38 - Änderung der Wirtschaftsprüferordnung
Artikel 39 - Änderung des Schornsteinfegergesetzes
Artikel 40 - Änderung der Hufbeschlagverordnung
Artikel 41 - Änderung des Gaststättengesetzes
Artikel 42 - Änderung der Bundes-Tierärzteordnung
Artikel 43 - Änderung der Approbationsordnung für Tierärztinnen und Tierarzte
Artikel 44 - Änderung der Verordnung über Geflügelfleischkontrolleure
Artikel 45 - Änderung der Wahlordnung für die Sozialversicherung
Artikel 46 - Änderung des Bundesversorgungsgesetzes
Artikel 47 - Änderung des Ersten Buches Sozialgesetzbuch
Artikel 47a - Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
Artikel 47b - Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
Artikel 47c - Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch
Artikel 48 - Änderung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch
Artikel 48a - Änderung der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung
Artikel 49 - Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
Artikel 50 - Änderung des Bundesfernstraßengesetzes
Artikel 51 - Änderung des Personenbeförderungsgesetzes
Artikel 52 - Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung
Artikel 52a - Änderung der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung
Artikel 53 - Änderung des Luftverkehrsgesetzes
Artikel 53a - Änderung des Wohnraumforderungsgesetzes
Artikel 54 - Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang
Artikel 55 - Schlussvorschriften
Artikel 56 - Inkrafttreten


Artikel 1

Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen
(Behindertengleichstellungsgesetz - BGG)


Änderungen seit Inkrafttreten:


Inhaltsübersicht

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 - Gesetzesziel
§ 2 - Behinderte Frauen
§ 3 - Behinderung
§ 4 - Barrierefreiheit
§ 5 - Zielvereinbarungen
§ 6 - Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

Abschnitt 2
Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit

§ 7 - Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt
§ 8 - Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr
§ 9 - Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen
§ 10 - Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken
§ 11 - Barrierefreie Informationstechnik

Abschnitt 3
Rechtsbehelfe

§ 12 - Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren
§ 13 - Verbandsklagerecht

Abschnitt 4
Beauftragte oder Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen

§ 14 - Amt der oder des Beauftragten für die Belange behinderter Menschen
§ 15 - Aufgabe und Befugnisse

Abschnitt 1 - Allgemeine Bestimmungen

§ 1
Gesetzesziel

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

§ 2
Behinderte Frauen

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von behinderten Frauen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.

§ 3
Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

§ 4
Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

§ 5
Zielvereinbarungen

(1) Soweit nicht besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen, sollen zur Herstellung der Barrierefreiheit Zielvereinbarungen zwischen Verbänden, die nach § 13 Abs. 3 anerkannt sind, und Unternehmen oder Unternehmensverbänden der verschiedenen Wirtschaftsbranchen für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich getroffen werden. Die anerkannten Verbände können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen.

(2) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere

  1. die Bestimmung der Vereinbarungspartner und sonstige Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer,
  2. die Festlegung von Mindestbedingungen darüber, wie gestaltete Lebensbereiche im Sinne von § 4 künftig zu verändern sind, um dem Anspruch behinderter Menschen auf Zugang und Nutzung zu genügen,
  3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen.

Sie können ferner eine Vertragsstrafenabrede für den Fall der Nichterfüllung oder des Verzugs enthalten.

(3) Ein Verband nach Absatz 1, der die Aufnahme von Verhandlungen verlangt, hat dies gegenüber dem Zielvereinbarungsregister (Absatz 5) unter Benennung von Verhandlungsparteien und Verhandlungsgegenstand anzuzeigen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt diese Anzeige auf seiner Internetseite bekannt. Innerhalb von vier Wochen nach der Bekanntgabe haben andere Verbände im Sinne des Absatzes 1 das Recht, den Verhandlungen durch Erklärung gegenüber den bisherigen Verhandlungsparteien beizutreten. Nachdem die beteiligten Verbände behinderter Menschen eine gemeinsame Verhandlungskommission gebildet haben oder feststeht, dass nur ein Verband verhandelt, sind die Verhandlungen innerhalb von vier Wochen aufzunehmen.

(4) Ein Anspruch auf Verhandlungen nach Absatz 1 Satz 3 besteht nicht,

  1. während laufender Verhandlungen im Sinne des Absatzes 3 für die nicht beigetretenen Verbände behinderter Menschen,
  2. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die ankündigen, einer Zielvereinbarung beizutreten, über die von einem Unternehmensverband Verhandlungen geführt werden,
  3. für den Geltungsbereich und die Geltungsdauer einer zustande gekommenen Zielvereinbarung,
  4. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die einer zustande gekommenen Zielvereinbarung unter einschränkungsloser Übernahme aller Rechte und Pflichten beigetreten sind.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt ein Zielvereinbarungsregister, in das der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen nach den Absätzen 1 und 2 eingetragen werden. Der die Zielvereinbarung abschließende Verband behinderter Menschen ist verpflichtet, innerhalb eines Monats nach Abschluss einer Zielvereinbarung dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales diese als beglaubigte Abschrift und in informationstechnisch erfassbarer Form zu übersenden sowie eine Änderung oder Aufhebung innerhalb eines Monats mitzuteilen.

§ 6
Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

Abschnitt 2 - Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit

§ 7
Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt

(1) Die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen der Bundesverwaltung, einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in § 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. Das Gleiche gilt für Landesverwaltungen, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Bundesrecht ausführen. In Bereichen bestehender Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligung zulässig. Bei der Anwendung von Gesetzen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist den besonderen Belangen behinderter Frauen Rechnung zu tragen.

(2) Ein Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des Absatzes 1 darf behinderte Menschen nicht benachteiligen. Eine Benachteiligung liegt vor, wenn behinderte und nicht behinderte Menschen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

(3) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von behinderten Menschen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.

§ 8
Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Zivile Neubauten sowie große zivile Um- oder Erweiterungsbauten des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt werden. Die landesrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Bauordnungen, bleiben unberührt.

(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes barrierefrei zu gestalten. Weitergehende landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

§ 9
Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen

(1) Hör- oder sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 das Recht, mit Trägern öffentlicher Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die Träger öffentlicher Gewalt haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen.

(2) Das Bundesministerium des Innern bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf,

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation zwischen hör- oder sprachbehinderten Menschen und den Trägem öffentlicher Gewalt,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1 anzusehen sind.

§ 10
Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

(2) Das Bundesministerium des Innern bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

§ 11
Barrierefreie Informationstechnik

(1) Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Maßgabe der nach Satz 2 zu erlassenden Verordnung schrittweise technisch so, dass sie von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Das Bundesministerium des Innern bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten

  1. die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen behinderter Menschen,
  2. die anzuwendenden technischen Standards sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung,
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen.

(2) Die Bundesregierung wirkt darauf hin, dass auch gewerbsmäßige Anbieter von Internetseiten sowie von grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, durch Zielvereinbarungen nach § 5 ihre Produkte entsprechend den technischen Standards nach Absatz 1 gestalten.

Abschnitt 3 - Rechtsbehelfe

§ 12
Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren

Werden behinderte Menschen in ihren Rechten aus § 7 Abs. 2, §§ 8, 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2 oder § 11 Abs. 1 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach § 13 Abs. 3, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen; Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Bundesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 4 oder auf Verwendung von Gebärden oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 6 Abs. 3 vorsehen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.

§ 13
Verbandsklagerecht

(1) Ein nach Absatz 3 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Feststellung eines Verstoßes gegen

  1. das Benachteiligungsverbot für Träger der öffentlichen Gewalt nach § 7 Abs. 2 und die Verpflichtung des Bundes zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 11 Abs. 1,
  2. die Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 46 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Bundeswahlordnung, § 39 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Europawahlordnung, § 43 Abs. 2 Satz 2 der Wahlordnung für die Sozialversicherung, § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 4 Abs. 1 Nr. 2a des Gaststättengesetzes, § 3 Nr. 1 Buchstabe d des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 8 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes, § 8 Abs. 3 Satz 3 und 4 sowie § 13 Abs. 2a des Personenbeförderungsgesetzes, § 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, § 3 Abs. 5 Satz 1 der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung, §§ 19d und 20b des Luftverkehrsgesetzes oder
  3. die Vorschriften des Bundesrechts zur Verwendung von Gebärdensprache oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen in § 17 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 57 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 19 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch.

Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fäll, wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt. Für Klagen nach Absatz 1 Satz 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Bundes- oder einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.

(3) Auf Vorschlag der Mitglieder des Beirates für die Teilhabe behinderter Menschen, die nach § 64 Abs. 2 Satz 2, 1., 3. oder 12. Aufzählungspunkt des Neunten Buches Sozialgesetzbuch berufen sind, kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Anerkennung erteilen. Es soll die Anerkennung erteilen, wenn der vorgeschlagene Verband

  1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder oder Mitgliedsverbände dazu berufen ist, Interessen behinderter Menschen auf Bundesebene zu vertreten,
  3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
  4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereines zu berücksichtigen und
  5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist.

Abschnitt 4 - Beauftragte oder Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen

§ 14
Amt der oder des Beauftragten für die Belange behinderter Menschen

(1) Die Bundesregierung bestellt eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange behinderter Menschen.

(2) Der beauftragten Person ist die für die Erfüllung ihrer Aufgabe notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.

(3) Das Amt endet, außer im Fall der Entlassung, mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages.

§ 15
Aufgabe und Befugnisse

(1) Aufgabe der beauftragten Person ist es, darauf hinzuwirken, dass die Verantwortung des Bundes, für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird. Sie setzt sich bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe dafür ein, dass unterschiedliche Lebensbedingungen von behinderten Frauen und Männern berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden.

(2) Zur Wahrnehmung der Aufgabe nach Absatz 1 beteiligen die Bundesministerien die beauftragte Person bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Integration von behinderten Menschen behandeln oder berühren.

(3) Alle Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Bereich des Bundes sind verpflichtet, die beauftragte Person bei der Erfüllung der Aufgabe zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.


Artikel 1a - Änderung des Bundeswahlgesetzes

[...]

Artikel 41 - Änderung des Gaststättengesetzes

[Diese Änderung ist im konsolidierten Text berücksichtigt]

[...]

Artikel 49 - Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes

[Diese Änderung ist im konsolidierten Text berücksichtigt]

[...]

Artikel 51 - Änderung des Personenbeförderungsgesetzes

[Diese Änderung ist im konsolidierten Text berücksichtigt]

[...]

Artikel 52 - Änderung der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung

[Diese Änderung ist im konsolidierten Text berücksichtigt]

[...]

Artikel 52a - Änderung der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung

[Diese Änderung ist im konsolidierten Text berücksichtigt]

[...]

Artikel 56

Inkrafttreten

(1) Vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 tritt das Gesetz am 1. Mai 2002 in Kraft.

(2) Artikel 27 Nr. 3, Artikel 46 Nr. 2 und Artikel 48 Nr. 2 treten mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in Kraft

(3) Artikel 33 Nr. 01 und 2 treten mit Wirkung vom 2. Januar 2002 in Kraft.

(4) Artikel 1a, 2 und 3 treten am 1. Januar 2003 in Kraft.

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  Letzte Änderung am 10. Dezember 2006 von Matthias Dörfler