Anlage 1
zur Verlautbarung des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg [21-382.3/31] vom 29. November 1993

Vertrag über die Grundlagen des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart - Grundvertrag

Vom 19. Dezember 1977
[Bekannt gemacht am 28. Dezember 1993; GABl. S. 1295]

Änderungen:


Zwischen

der Bundesrepublik Deutschland,
- vertreten durch den Bundesminister für Verkehr -

dem Land Baden-Württemberg,
- vertreten durch den Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr -

und der Landeshauptstadt Stuttgart,
- vertreten durch den Oberbürgermeister -

wird folgender Vertrag über die Grundlagen des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart - Grundvertrag - geschlossen:

Artikel 1

Die Vertragspartner erklären sich bereit, eine wirksame, den Erfordernissen der Raumordnung entsprechende und wirtschaftliche Erfüllung der Aufgaben des öffentlichen Personennahverkehrs im Mittleren Neckarraum zu fördern.

Artikel 2

(1) Um die öffentliche Verkehrsbedienung möglichst zweckmäßig zu gestalten, das Straßennetz zu entlasten, den Schienenverkehr zu stärken und den Übergang zwischen den Verkehrsmitteln zu erleichtern, werden die Vertragspartner darauf hinwirken, daß die Deutsche Bundesbahn (DB) und die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) eine Gesellschaft mit der Firma »Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart, Gesellschaft mit beschränkter Haftung« - im folgenden Verbund genannt - gründen.

(2) Die Vertragspartner werden den Verbund im Rahmen dieses Vertrags fördern und unterstützen.

(3) Die Erweiterung des Verbundes um andere Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs wird angestrebt.

Artikel 3

(1) Die Vertragspartner werden zur Förderung des Verbundes insbesondere folgende Grundsätze beachten:

  1. Bei Konzeptionen für die Ordnung des Verkehrs und bei Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen sind die Erfordernisse und Bedürfnisse des öffentlichen Personennahverkehrs angemessen zu berücksichtigen. Bei der Planung und Gestaltung des Verkehrsnetzes ist dem qualitativ und quantitativ notwendigen Leistungsangebot und der Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Personennahverkehrs Rechnung zu tragen.
  2. Dem öffentlichen Personennahverkehr gebührt bei Zielkonflikten Vorrang vor dem individuellen Straßenverkehr.
  3. Schnellbahnlinien (S- und Stadtbahnlinien), Straßenbahn- und Buslinien sind entsprechend ihren unterschiedlichen Verkehrsaufgaben zu einem verkehrsgerechten Gesamtnetz zusammenzufassen.
  4. Zubringerbuslinien sind verkehrsgerecht an Schnellbahnstrecken anzubinden.
  5. Durch Einführung eines Gemeinschaftstarifs, der den freizügigen Übergang zwischen den Verkehrsmitteln der Verbundunternehmen gestattet, soll die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs gesteigert werden.
  6. Der öffentliche Personennahverkehr soll eine den verkehrlichen und wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende Häufigkeit, Regelmäßigkeit, Pünktlichkeit, Schnelligkeit und Bequemlichkeit der Verkehrsbedienung bieten.

(2) Die Vertragspartner werden darauf hinwirken, daß die Regionalplanung, die Bauleitplanung, die Verkehrsplanung sowie die konzeptionelle Planung des Verbundes aufeinander abgestimmt werden.

Artikel 4

Der Verbund wird im Auftrag der Verbundunternehmen Aufgaben des öffentlichen Personennahverkehrs, insbesondere auf dem Gebiet der Verkehrsplanung, des betrieblichen Leistungsangebotes und des kommerziellen Verkehrsangebots erfüllen und die tarifliche Integration dieses Verkehrs durch einen Gemeinschaftstarif herbeiführen sowie die von den Verbundunternehmen erzielten Tarifeinnahmen rechnerisch erfassen und aufteilen.

Artikel 5

(1) Der Verbund und die daran beteiligten Unternehmen erfüllen ihre Aufgaben zum größtmöglichen Nutzen der Allgemeinheit nach dem Grundsatz äußerster Wirtschaftlichkeit. Die Rechnungslegung des Verbundes muß den Grundsätzen der Kostenklarheit und Kostenwahrheit entsprechen.

(2) Das koordinierte Leistungsangebot und der Gemeinschaftstarif sollen so bemessen werden, daß

Artikel 6

(1) Grundlage des Verbundverkehrs ist das in Anlage 1 dargestellte Nahverkehrsnetz.

(2) Der Verbund entwickelt das Verkehrsnetz konzeptionell weiter. Die Entscheidungsfreiheit der öffentlichen Planungsträger im Rahmen ihrer Kompetenz bleibt unberührt. Der Verbund wird seine Verkehrszählungen und -prognosen sowie seine konzeptionellen Planungen mit den Vertragspartnern abstimmen. Wesentliche Änderungen des Verkehrsnetzes - Anlage 1 - bedürfen der Zustimmung der Vertragspartner.

Artikel 7

(1) Die Grundzüge des Leistungsangebots (Fahrplangrundtakt) ergeben sich aus dem Betriebsbild 1978 (Anlage 2).

(2) Das Leistungsangebot ist durch den Verbund der Entwicklung des Bedarfs anzupassen. Änderungen des Leistungsangebots bedürfen der Zustimmung der Vertragspartner. Stimmen ein oder mehrere Vertragspartner einer von einem Verbundunternehmen gewünschten und von der Verbundgesellschaft beschlossenen Verminderung des Leistungsangebots nicht zu, obwohl sich der Bedarf vermindert hat, so haben sie die Kostenunterdeckung, die sich aus der Aufrechterhaltung dieses Teils des Leistungsangebots ergibt, auszugleichen.

(3) Verbesserungen des Leistungsangebots auf Verlangen Dritter sind nur zu erbringen, wenn die Kosten durch Verkehrserträge gedeckt oder Kostenunterdeckungen durch die Dritten ausgeglichen werden.

Artikel 8

(1) Die Grundzüge des mit Beginn des Verbundes einzuführenden Gemeinschaftstarifs sind in der Anlage 3 festgelegt.

(2) Künftige Änderungen des Gemeinschaftstarifs bedürfen der Zustimmung der Vertragspartner.

(3) Der Verbund soll den Tarif unter Berücksichtigung der Marktlage der Kostenentwicklung bei den Verbundunternehmen anpassen. Stimmt ein Vertragspartner einer von der Verbundgesellschaft beschlossenen Tarifanpassung nicht zu, obwohl diese durch die Kostenentwicklung geboten und vom Markt her möglich ist, hat er die sich hieraus ergebenden Einnahmeausfälle den Verbundunternehmen auszugleichen. Von einer Tarifanpassung kann abgesehen werden, wenn alle Vertragspartner damit einverstanden sind.

Artikel 9

(1) Die Tarifeinnahmen des Verbundes werden vom Verbund nach Maßgabe eines besonderen, zwischen den Verbundunternehmen abzuschließenden Einnahmeaufteilungsvertrages auf die Verbundunternehmen aufgeteilt. Dieser Vertrag und seine Änderungen bedürfen der Zustimmung der Vertragspartner.

(2) Aufwanddeckungsfehlbeträge der Verbundunternehmen werden von diesen selbst getragen.

(3) Das Land Baden-Württemberg gewährt der Stadt Stuttgart zum Ausgleich verbundbedingter Lasten finanzielle Leistungen nach Maßgabe eines besonderen Vertrags.

Artikel 10

(1) Der Verbund hat jährlich einen Wirtschaftsplan für das folgende Jahr sowie eine mittelfristige Vorausschau für die folgenden fünf Jahre aufzustellen.

(2) Der Wirtschaftsplan und die mittelfristige Vorausschau sind zu gliedern in

  1. das vorgesehene Leistungsangebot;
  2. die nach dem Einnahmeaufteilungsvertrag zu erfassenden Einnahmen und ihre Aufteilung auf die einzelnen Verbundunternehmen;
  3. die nachrichtlich anzugebenden Kosten der einzelnen Verbundunternehmen zur Erstellung des Leistungsangebots und die Differenz zwischen diesen Kosten und den nach Ziffer 2 zugeschiedenen Einnahmen;
  4. die Erträge und die Aufwendungen der Verbundgesellschaft.

(3) Der Wirtschaftsplan und die mittelfristige Vorausschau ist den Vertragspartnern spätestens bis 1. Dezember des laufenden Jahres zuzuleiten; sie können binnen drei Monaten hierzu Stellung nehmen. Die Stellungnahmen sind den Organen der Verbundgesellschaft vorzulegen, welche den Wirtschaftsplan und die mittelfristige Vorausschau zu beschließen haben. Artikel 7 Abs. 2 bleibt unberührt.

Bis zum Ablauf des Geschäftsjahres ist den Vertragspartnern für das Vorjahr ein Vergleich der Planzahlen mit den Istzahlen vorzulegen.

Artikel 11

(1) Die Rechte und Pflichten der Stadt Stuttgart aus den Artikeln 7, 8 und 10 dieses Vertrags werden von der SSB wahrgenommen.

(2) Soweit sich aus den Artikeln 7 Abs. 2 und 8 Abs. 3 Verpflichtungen der Vertragspartner ergeben, tritt an Stelle der Bundesrepublik Deutschland die DB.

(3) Soweit nach diesem Vertrag eine Zustimmung der Vertragspartner erforderlich ist, ist diese binnen 3 Monaten zu erklären. Wenn sie innerhalb dieser Frist nicht erklärt wird, gilt sie als erteilt.

Artikel 12

Bei wesentlichen Änderungen der diesem Vertrag zugrundeliegenden Verhältnisse werden die Vertragspartner auf Antrag eines von ihnen über eine entsprechende Anpassung des Vertrages verhandeln.

Artikel 13

(1) Übernehmen im Rahmen einer vertraglichen Regelung die Landkreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis verbundbedingte Lasten der Stadt Stuttgart, so können sie durch einseitige, schriftliche Erklärung gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart diesem Vertrag beitreten.

(2) Bei Änderungen des Verkehrsnetzes (Artikel 6 Abs. 2) des Leistungsangebots (Artikel 7 Abs. 2) nehmen die einzelnen Landkreise die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag jeweils für ihr Gebiet wahr; dies gilt auch dann, wenn sich durch eine Maßnahme außerhalb ihres Gebiets nicht nur unerhebliche Rückwirkungen auf ihren Landkreis ergeben.

Artikel 14

(1) Dieser Vertrag kann unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren zum Ende eines Kalenderjahres, frühestens jedoch zum 31. Dezember 1981 gekündigt werden. Im Falle einer Kündigung durch einen Beitrittsberechtigten nach Artikel 13 Abs. 1 bleibt der Vertrag unter den übrigen Vertragspartnern bestehen.

(2) Dieser Vertrag tritt mit Beendigung des Gesellschaftsvertrags für den Verbund außer Kraft.

Im GABl. veröffentlichte Anmerkungen zum Grundvertrag:

  1. Die Landkreise Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg und Rems-Murr-Kreis sind durch einseitige, schriftliche Erklärungen (Art. 13 Abs. 1) 1977 dem Vertrag beigetreten.
  2. Das Nahverkehrsnetz (Art. 6 Abs. 1, Anlage 1), das Leistungsangebot (Art. 7 Abs. 1, Anlage 2) und die Grundzüge des Gemeinschaftstarifs (Art. 8 Abs. 1, Anlage 3) sind seit Vertragsschluß durch Entscheidungen der Verbundorgane fortgeschrieben worden; sie ändern sich laufend. Von einer Veröffentlichung dieser Anlagen wird daher abgesehen.

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  Letzte Änderung am 29. Februar 2004 von Matthias Dörfler