Übereinkommen über die internationale Rechtsordnung der Eisenbahnen

Vom 9. Dezember 1923
[Verkündet am 8. November 1927 als Anlage des Zustimmungsgesetzes vom 31. Oktober 1927; RGBl. II S. 909, 910]

Deutschland, Österreich, Belgien, Brasilien, das Britische Reich (mit Neuseeland und Indien), Bulgarien, Chile, Dänemark, die Freie Stadt Danzig, Spanien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Italien, Japan, Lettland, Litauen, Norwegen, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Salvador, das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, Siam, Schweden, die Schweiz, die Tschechoslowakei und Uruguay,

von dem Wunsche geleitet, die Freiheit der Verkehrswege und des Durchgangsverkehrs zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten und zu diesem Zwecke den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit bei der Einrichtung und Durchführung der Eisenbahntransporte zu erleichtern;

von dem weiteren Wunsche geleitet, die Anwendung des Grundsatzes der gerechten Behandlung des Handels auf die internationalen Eisenbahntransporte sicherzustellen; in Erwägung, daß der beste Weg, um in dieser Frage zu einem Ergebnis zu gelangen, ein allgemeines Übereinkommen ist, dem später möglichst viele Staaten beitreten können;

in Erkenntnis der Tatsache, daß die internationale Verständigung auf dem Gebiete des Eisenbahntransportwesens schon zu zahlreichen Sondervereinbarungen zwischen Staaten und zwischen Eisenbahnverwaltungen geführt hat und daß gerade durch solche Sondervereinbarungen, welche die in einem allgemeinen Übereinkommen aufgestellten Grundsätze praktisch zur Anwendung bringen, die Fortschritte der internationalen Verständigung auf diesem Gebiete am besten gefördert werden aber in der Meinung, daß ohne den Spielraum solcher Sondervereinbarungen oder die unmittelbaren Beziehungen und Verständigungsbestrebungen der Eisenbahnverwaltungen einzuengen und, ohne die Hoheits- und Herrschaftsrechte der Staaten zu beeinträchtigen, es vielmehr möglich sein wird, durch die Ausarbeitung einer zusammenfassenden und planmäßigen Regelung der anerkannten internationalen Verbindlichkeiten auf dem Gebiete des internationalen Eisenbahntransportwesens den zwischen den einzelnen Staaten oder Eisenbahnverwaltungen schon geltenden Grundsätzen eine möglichst große Verbreitung zu sichern und dadurch künftig den Abschluß neuer Sondervereinbarungen nach den Bedürfnissen der Entwicklung des internationalen Verkehrs in weitestem Umfange zu fördern;

in Erwägung, daß die auf Einladung des Völkerbundes am 10. März 1921 in Barcelona zusammengetretene Konferenz den Wunsch ausgesprochen hat, es möchte ein allgemeines Übereinkommen über die internationale Rechtsordnung der Eisenbahnen innerhalb eines Zeitraumes von 2 Jahren abgeschlossen werden, und daß die am 10. April 1922 in Genua zusammengetretene Konferenz in einer Entschließung, die den zuständigen Stellen des Völkerbundes mit Zustimmung des Völkerbundsrats und der Völkerbundsversammlung

übermittelt worden ist, das Verlangen ausgesprochen hat, es möchten sobald als möglich die in den Friedensverträgen vorgesehenen internationalen Übereinkommen über die Rechtsordnung der Verkehrswege abgeschlossen und in Kraft gesetzt werden, und daß in Artikel 379 des Vertrages von Versailles und in den entsprechenden Artikeln der übrigen Verträge die Ausarbeitung eines allgemeinen Übereinkommens über die internationale Rechtsordnung der Verkehrswege vorgesehen ist;

nach Annahme der Einladung des Völkerbundes zur Teilnahme an einer nach Genf auf den 15. November 1923 einberufenen Konferenz,

in dem Bestreben, die Bestimmungen des auf dieser Konferenz angenommenen Statuts über die internationale Rechtsordnung der Eisenbahnen in Kraft zu setzen und zu diesem Zweck ein allgemeines Übereinkommen abzuschließen,

haben als Hohe Vertragschließende Teile zu ihren Bevollmächtigten ernannt

[Von der Aufnahme der folgenden Namensangaben wurde abgesehen]

die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten über folgendes übereingekommen sind:

Artikel 1

Die Vertragsstaaten erklären, daß sie das anliegende Statut über die internationale Rechtsordnung der Eisenbahnen annehmen, das von der zweiten in Genf am 15. November 1923 zusammengetretenen allgemeinen Konferenz über die Verkehrswege und den Durchgangsverkehr gutgeheißen worden ist.

Das Statut bildet einen wesentlichen Bestandteil dieses Übereinkommens. Infolgedessen erklären sie, daß sie die Verpflichtungen und Verbindlichkeiten des Statuts nach seinem Wortlaut und nach Maßgabe der darin enthaltenen Bedingungen annehmen.

Artikel 2

Das Übereinkommen berührt in keiner Weise die Rechte und Pflichten, die sich aus den Bestimmungen des in Versailles am 28. Juni 1919 unterzeichneten Friedensvertrages und der übrigen gleichartigen Verträge in bezug auf die Mächte ergeben, die diese Verträge unterzeichnet haben oder aus ihnen Rechtsvorteile herleiten können.

Artikel 3

Das Übereinkommen, dessen französischer und englischer Wortlaut in gleicher Weise maßgebend ist, trägt das Datum des heutigen Tages und bleibt bis zum 31. Oktober 1924 zur Unterzeichnung offen für jeden auf der Konferenz von Genf vertretenen Staat, für jedes Mitglied des Völkerbundes und für jeden Staat, dem der Völkerbundsrat zu diesem Zweck eine Ausfertigung des Übereinkommens zugestellt hat.

Artikel 4

Das Übereinkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sind dem Generalsekretär des Völkerbundes zu übermitteln, der ihre Hinterlegung allen Staaten mitteilt, die es unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind.

Artikel 5

Vom 1. November 1924 an kann jeder auf der in Artikel 1 erwähnten Konferenz vertretene Staat, jedes Mitglied des Völkerbundes und jeder Staat, dem der Völkerbundsrat zu diesem Zweck eine Ausfertigung des Übereinkommens zugestellt hat, diesem beitreten.

Dieser Beitritt geschieht durch eine dem Generalsekretär des Völkerbundes zu übermittelnde Urkunde, die im Archiv des Sekretariats zu hinterlegen ist. Der Generalsekretär gibt die Hinterlegung sofort allen Staaten bekannt, die das Übereinkommen unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind.

Artikel 6

Das Übereinkommen tritt erst nach Ratifikation durch fünf Staaten in Kraft, und zwar am neunzigsten Tage nach dem Eingang der fünften Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär des Völkerbundes. In der Folge erlangt das Übereinkommen für jeden Vertragsteil Rechtswirkung 90 Tage nach dem Eingang seiner Ratifikationsurkunde oder der Bekanntgabe seines Beitritts.

Gemäß den Bestimmungen des Artikels 18 der Völkerbundssatzung hat der Generalsekretär die Eintragung des Übereinkommens am Tage seines Inkrafttretens vorzunehmen.

Artikel 7

Der Generalsekretär des Völkerbundes führt unter Beachtung des Artikels 9 ein besonderes Verzeichnis derjenigen Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet oder ratifiziert haben, ihm beigetreten sind oder es gekündigt haben. Das Verzeichnis steht den Mitgliedern des Völkerbundes jederzeit zur Einsicht offen und wird nach näherer Weisung des Völkerbundsrats möglichst oft veröffentlicht.

Artikel 8

Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 2 kann das Übereinkommen von jedem Vertragsteil nach Ablauf einer Frist von 5 Jahren, gerechnet vom Tage des Inkrafttretens für den betreffenden Teil, gekündigt werden. Die Kündigung erfolgt in Form einer an den Generalsekretär des Völkerbundes gerichteten schriftlichen Erklärung. Eine Abschrift der Erklärung nebst Angabe ihres Eingangsdatums wird den übrigen Vertragsteilen vom Generalsekretär sofort zugestellt.

Die Kündigung tritt ein Jahr nach dem Tage ihres Eingangs beim Generalsekretär in Kraft und hat nur in bezug auf den kündigenden Staat Rechtswirkung.

Artikel 9

Jeder Staat, der das Übereinkommen unterzeichnet oder ihm beitritt, kann entweder bei der Unterzeichnung oder bei der Ratifikation oder beim Beitritt erklären, daß die Annahme des Übereinkommens weder die Gesamtheit noch einen Teil seiner Schutzgebiete, Kolonien, überseeischen Besitzungen oder Gebiete, die seiner Staatshoheit oder Herrschaft unterstellt sind, verpflichtet; er kann später gemäß Artikel 5 gesondert beitreten im Namen irgendeines Schutzgebiets, einer Kolonie, einer überseeischen Besitzung oder eines überseeischen Gebietes, die durch diese Erklärung ausgeschlossen sind. Ebenso kann die Kündigung gesondert für jedes Schutzgebiet, jede Kolonie, jede überseeische Besitzung oder jedes überseeische Gebiet erfolgen; für diese Kündigung gelten die Bestimmungen des Artikels 8.

Artikel 10

Nach Ablauf einer Frist von jedesmal 5 Jahren nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens kann die Revision des Übereinkommens von fünf Vertragsstaaten beantragt werden. Zu jedem anderen Zeitpunkte kann die Revision des Übereinkommens von einem Drittel der Vertragsstaaten beantragt werden.


Zu Urkund dessen haben die obengenannten Bevollmächtigten das Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Genf, den 9. Dezember 1923, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv des Völkerbundssekretariats hinterlegt bleibt.

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  Letzte Änderung am 29. Februar 2004 von Matthias Dörfler