Gesetz zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz
(Bundesgrenzschutzneuregelungsgesetz - BGSNeuRegG)

Vom 19. Oktober 1994
[Verkündet am 25. Oktober 1994; BGBl. I S. 2978]

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Inhaltsübersicht

Artikel 1
Gesetz über die Bundespolizei
(Bundespolizeigesetz - BPolG)

Abschnitt 1 - Aufgaben und Verwendungen

§ 1 - Allgemeines
§ 2 - Grenzschutz
§ 3 - Bahnpolizei
§ 4 - Luftsicherheit
§ 4a - Sicherheitsmaßnahmen an Bord von Luftfahrzeugen
§ 5 - Schutz von Bundesorganen
§ 6 - Aufgaben auf See
§ 7 - Aufgaben im Notstands- und Verteidigungsfall
§ 8 - Verwendung im Ausland
§ 9 - Verwendung zur Unterstützung anderer Bundesbehörden
§ 10 - Verwendung zur Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf dem Gebiet der Funktechnik
§ 11 - Verwendung zur Unterstützung eines Landes
§ 12 - Verfolgung von Straftaten
§ 13 - Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten

Abschnitt 2 - Befugnisse
Unterabschnitt 1 - Allgemeine Befugnisse und allgemeine Vorschriften

§ 14 - Allgemeine Befugnisse
§ 15 - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
§ 16 - Ermessen, Wahl der Mittel
§ 17 - Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen
§ 18 - Verantwortlichkeit für das Verhatten von Tieren oder den Zustand von Sachen
§ 19 - Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme
§ 20 - Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

Unterabschnitt 2 - Besondere Befugnisse
Teil 1 - Datenerhebung

§ 21 - Erhebung personenbezogener Daten
§ 22 - Befragung und Auskunftspflicht
§ 23 - Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen
§ 24 - Erkennungsdienstliche Maßnahmen
§ 25 - Vorladung
§ 26 - Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen
§ 27 - Selbsttätige Bildaufnahme- und Bildaufzeichnungsgeräte
§ 28 - Besondere Mittel der Datenerhebung

Teil 2 - Datenverarbeitung und Datennutzung

§ 29 - Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten
§ 30 - Ausschreibung zur Fahndung
§ 31 - Ausschreibung zur grenzpolizeilichen Beobachtung
§ 32 - Übermittlung personenbezogener Daten
§ 33 - Ergänzende Regelungen für die Übermittlung
§ 34 - Abgleich personenbezogener Daten
§ 35 - Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten
§ 36 - Errichtungsanordnung
§ 37 - Geltung des Bundesdatenschutzgesetzes

Teil 3 - Platzverweisung, Gewahrsam, Durchsuchung

§ 38 - Platzverweisung
§ 39 - Gewahrsam
§ 40 - Richterliche Entscheidung
§ 41 - Behandlung festgehaltener Personen
§ 42 - Dauer der Freiheitsentziehung
§ 43 - Durchsuchung von Personen
§ 44 - Durchsuchung von Sachen
§ 45 - Betreten und Durchsuchung von Wohnungen
§ 46 - Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen

Teil 4 - Ergänzende Vorschriften

§ 47 - Sicherstellung
§ 48 - Verwahrung
§ 49 - Verwertung, Vernichtung
§ 50 - Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses, Kosten

Abschnitt 3 - Schadensausgleich

§ 51 - Zum Ausgleich verpflichtende Tatbestände
§ 52 - Inhalt, Art und Umfang des Ausgleichs
§ 53 - Ausgleich im Todesfall
§ 54 - Verjährung des Ausgleichsanspruchs
§ 55 - Ausgleichspflichtiger, Ersatzansprüche
§ 56 - Rechtsweg

Abschnitt 4 - Organisation und Zuständigkeiten

§ 57 - Bundespolizeibehörden
§ 58 - Sachliche und örtliche Zuständigkeit
§ 59 - Einzeldienstliche und verbandspolizeiliche Aufgabenwahrnehmung
§ 60 - Einsatz von Hubschraubern
§ 61 - Grenzübergangsstellen, Grenzerlaubnis
§ 62 - Unterstützungspflichten
§ 63 - Vollzugsdienst, Hilfspolizeibeamte
§ 64 - Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamten der Länder sowie von Vollzugsbeamten anderer Bundesbehörden oder anderer Staaten im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei
§ 65 - Amtshandlungen von Beamten der Bundespolizei im Zuständigkeitsbereich eines Landes oder Tätigkeiten in anderen Staaten
§ 66 - Amtshandlungen von Beamten der Zollverwaltung im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei
§ 67 - Amtshandlungen von Beamten der Bundespolizei im Zuständigkeitsbereich der Zollerwaltung
§ 68 - Wahrnehmung von Aufgaben durch die Zollverwaltung

Abschnitt 5 - Schlußbestimmungen

§ 69 - Verwaltungsvorschriften
§ 70 - Einschränkung von Grundrechten

Artikel 2 - Folgeänderungen

§ 1 - BGS-Zoll-Verordnung
§ 2 - BAföG - Einkommensverordnung
§ 3 - Bundespersonalvertretungsgesetz
§ 4 - Betäubungsmittelgesetz
§ 5 - Bundeskriminalamtgesetz
§ 6 - Wohngeldgesetz
§ 7 - Wehrpflichtgesetz
§ 8 - Waffengesetz
§ 9 - Sprengstoffgesetz
§ 10 - Bundesversorgungsgesetz
§ 11 - Fahrzeugregisterverordnung
§ 12 - Luftverkehrsgesetz
§ 13 - Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang

Artikel 3 - Inkrafttretens-, Außerkrafttretens- und Anwendungsbestimmungen


Änderungen des Artikels 1 seit Inkrafttreten:


Artikel 1
Gesetz über die Bundespolizei
(Bundespolizeigesetz - BPolG)

Abschnitt 1
Aufgaben und Verwendungen

§ 1
Allgemeines

(1) Die Bundespolizei wird in bundeseigener Verwaltung geführt. Sie ist eine Polizei des Bundes im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern.

(2) Der Bundespolizei obliegen die Aufgaben, die ihr entweder durch dieses Gesetz übertragen werden oder ihr bis zum 1. November 1994 durch ein anderes Bundesgesetz oder auf Grund eines Bundesgesetzes zugewiesen worden sind.

(3) Die Bundespolizei sichert ihre Behörden, Verbände, Einheiten und sonstigen Einrichtungen gegen Gefahren, die die Durchführung seiner Aufgaben beeinträchtigen, in eigener Zuständigkeit. Die Sicherung beschrankt sich auf die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen sowie auf die Grundstücke, auf denen diese Einrichtungen untergebracht sind.

(4) Der Schutz privater Rechte obliegt der Bundespolizei im Rahmen ihrer Aufgaben nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne Hilfe der Bundespolizei die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wurde.

(5) Die der Bundespolizei obliegenden Aufgaben der Gefahrenabwehr umfassen auch die Verhütung von Straftaten nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(6) Werden bei der Erfüllung von Aufgaben der Bundespolizei Zuständigkeiten anderer Behörden des Bundes oder der Länder berührt, handeln die Bundespolizeibehörden im Benehmen mit den zuständigen Behörden. Ist dies nicht möglich, weil Gefahr im Verzug ist, sind die zuständigen Behörden über die getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.

(7) Die Zuständigkeit der Polizei des Landes bleibt auch in den in Absatz 3 sowie in den in den §§ 2 bis 5 bezeichneten räumlichen Zuständigkeitsbereichen der Bundespolizei unberührt.

§ 2
Grenzschutz

(1) Der Bundespolizei obliegt der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt.

(2) Der Grenzschutz umfaßt

  1. die polizeiliche Überwachung der Grenzen,
  2. die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs einschließlich
    1. der Überprüfung der Grenzübertrittspapiere und der Berechtigung zum Grenzübertritt,
    2. der Grenzfahndung,
    3. der Abwehr von Gefahren,
  3. im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern und von der seewärtigen Begrenzung an bis zu einer Tiefe von 50 Kilometern die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenze beeinträchtigen.

Das Bundesministerium des Innern wird ermächtigt, zur Sicherung des Grenzraumes das in Satz 1 Nr. 3 bezeichnete Gebiet von der seewärtigen Begrenzung an durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen, soweit die Grenzüberwachung im deutschen Küstengebiet dies erfordert. In der Rechtsverordnung ist der Verlauf der rückwärtigen Begrenzungslinie des erweiterten Grenzgebietes genau zu bezeichnen. Von der seewärtigen Begrenzung an darf diese Linie eine Tiefe von 80 Kilometern nicht überschreiten.

(3) Das Einvernehmen nach Absatz 1 ist in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist. In der Vereinbarung ist die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der Polizei des Landes zu regeln.

(4) Nimmt die Polizei eines Landes Aufgaben nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem Bund mit eigenen Kräften wahr, richtet sich die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht.

§ 3
Bahnpolizei

(1) Die Bundespolizei hat die Aufgabe, auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, die

  1. den Benutzern, den Anlagen oder dem Betrieb der Bahn drohen oder
  2. beim Betrieb der Bahn entstehen oder von den Bahnanlagen ausgehen.

(2) Die durch die Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 begünstigten Verkehrsunternehmen sind verpflichtet, der Bundespolizei für die erlangten Vorteile einen angemessenen Ausgleich zu leisten. Das Bundesministerium des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für den zu leistenden Ausgleich einen Prozentsatz festzusetzen, der 50 Prozent des Gesamtaufwandes der Bundespolizei für die Erfüllung der Aufgaben nach Absatz 1 nicht überschreiten darf. Dabei sind insbesondere die erlangten Vorteile und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verkehrsunternehmens zu berücksichtigen. Sind mehrere Verkehrsunternehmen begünstigt, ist für jedes Unternehmen nach Maßgabe des Satzes 3 gesondert ein Prozentsatz festzusetzen, die Summe dieser Prozentsätze darf 50 Prozent des Gesamtaufwandes nicht überschreiten. Die Ausgleichsbeträge werden durch die Bundespolizeidirektion erhoben.

§ 4
Luftsicherheit

Der Bundespolizei obliegt der Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs gemäß § 5 des Luftsicherheitsgesetzes, soweit diese Aufgaben nach § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Luftsicherheitsgesetzes in bundeseigener Verwaltung ausgeführt werden.

§ 4a
Sicherheitsmaßnahmen an Bord von Luftfahrzeugen

Die Bundespolizei kann zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Sicherheit oder Ordnung an Bord deutscher Luftfahrzeuge eingesetzt werden. § 12 Abs. 1 Satz 1 des Luftverkehrsgesetzes bleibt unberührt. Maßnahmen nach Satz 1 müssen stets im Einklang mit den Anforderungen an die Sicherheit des Luftfahrzeugs und der Passagiere stehen und sind daher grundsätzlich in enger Abstimmung mit dem Luftfahrzeugführer zu treffen.

§ 5
Schutz von Bundesorganen

(1) Die Bundespolizei kann Verfassungsorgane des Bundes und Bundesministerien gegen Gefahren, die die Durchführung ihrer Aufgaben beeinträchtigen, schützen, wenn diese darum ersuchen und Einvernehmen zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem beteiligten Land besteht, daß deren angemessener Schutz anderweitig nicht gewährleistet werden kann. Über die Übernahme des Schutzes durch die Bundespolizei entscheidet das Bundesministerium des Innern. Die Übernahme ist im Bundesanzeiger bekanntzugeben.

(2) Der Schutz durch die Bundespolizei beschränkt sich auf die Grundstücke, auf denen die Verfassungsorgane oder die Bundesministerien ihren Amtssitz haben.

§ 6
Aufgaben auf See

Unbeschadet der Zuständigkeit anderer Behörden oder der Streitkräfte hat die Bundespolizei auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers die Maßnahmen zu treffen, zu denen die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht befugt ist. Dies gilt nicht für Maßnahmen, die durch Rechtsvorschriften des Bundes anderen Behörden oder Dienststellen zugewiesen oder die ausschließlich Kriegsschiffen vorbehalten sind.

§ 7
Aufgaben im Notstands- und Verteidigungsfall

(1) Setzt die Bundesregierung die Bundespolizei nach Artikel 91 Abs. 2 des Grundgesetzes zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes ein, so hat die Bundespolizei bei diesem Einsatz Gefahren von der Allgemeinheit oder dem einzelnen abzuwehren.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn die Bundespolizei nach Artikel 115f Abs. 1 Nr. 1 oder nach Artikel 115i Abs. 1 des Grundgesetzes eingesetzt wird.

§ 8
Verwendung im Ausland

(1) Die Bundespolizei kann zur Mitwirkung an polizeilichen oder anderen nichtmilitärischen Aufgaben im Rahmen von internationalen Maßnahmen auf Ersuchen und unter Verantwortung

  1. der Vereinten Nationen
  2. einer regionalen Abmachung oder Einrichtung gemäß Kapitel VIII der Charta der Vereinten Nationen, der die Bundesrepublik Deutschland angehört,
  3. der Europäischen Union oder
  4. der Westeuropäischen Union

im Ausland verwendet werden. Die Verwendung der Bundespolizei darf nicht gegen den Willen des Staates erfolgen, auf dessen Hoheitsgebiet die Maßnahme stattfinden soll. Die Entscheidung über die Verwendung nach Satz 1 trifft die Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag ist über die beabsichtigte Verwendung zu unterrichten. Er kann durch Beschluß verlangen, daß die Verwendung beendet wird.

(2) Die Bundespolizei kann ferner im Einzelfall zur Rettung von Personen aus einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben im Ausland verwendet werden. Die Verwendung ist nur für humanitäre Zwecke oder zur Wahrnehmung dringender Interessen der Bundesrepublik Deutschland und im Einvernehmen mit dem Staat, auf dessen Hoheitsgebiet die Maßnahme stattfinden soll, zulässig. Die Entscheidung trifft der Bundesminister des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt.

(3) Die Wahrnehmung der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Aufgaben durch die Bundespolizei richtet sich nach den dafür geltenden völkerrechtlichen Vereinbarungen oder den auf Grund solcher Vereinbarungen getroffenen Regelungen.

§ 9
Verwendung zur Unterstützung anderer Bundesbehörden

(1) Die Bundespolizei unterstützt

  1. den Präsidenten des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Hausrechts und der Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages,
  2. das Auswärtige Amt bei der Wahrnehmung von Aufgaben zum Schutz deutscher Auslandsvertretungen,
  3. das Bundeskriminalamt bei der Wahrnehmung seiner Schutzaufgaben nach § 5 des Bundeskriminalamtgesetzes.

Die Unterstützung durch die Bundespolizei richtet sich nach dem für die unterstützte Stelle maßgebenden Recht.

(2) Die Entscheidung über die Unterstützung nach Absatz 1 trifft das Bundesministerium des Innern. Die Polizeivollzugsbeamten der Bundespolizei unterliegen bei Wahrnehmung dieser Unterstützungsaufgaben den fachlichen Weisungen der unterstützten Stelle. Übernimmt die Bundespolizei im Rahmen des Absatzes 1 Nr. 3 Aufgaben zur eigenständigen Wahrnehmung, richtet das Bundeskriminalamt seine fachlichen Weisungen an die von der Bundespolizei hierfür benannte Stelle.

(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.

§ 10
Verwendung zur Unterstützung des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf dem Gebiet der Funktechnik

(1) Die Bundespolizei nimmt für das Bundesamt für Verfassungsschutz auf dessen Anforderung Aufgaben nach § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes auf dem Gebiet der Funktechnik und funkbetrieblichen Auswertung wahr, soweit der Funkverkehr nicht dem Fernmeldegeheimnis unterliegt, durch

  1. Erfassung des Betriebs von Funkanlagen durch fremde Nachrichtendienste oder die vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten Personenzusammenschlüsse und Einzelpersonen,
  2. funkbetriebliche Auswertung der Funkverkehre fremder Nachrichtendienste oder der vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten Personenzusammenschlüsse und Einzelpersonen,
  3. funkbetriebliche Auswertung von Unterlagen, Geräten und Aufzeichnungen, die bei dem Betrieb von Funkanlagen durch fremde Nachrichtendienste oder die vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten Personenzusammenschlüsse und Einzelpersonen verwendet werden.

(2) Die Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 richtet sich nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz; sie darf nicht mit der Erfüllung polizeilicher Aufgaben verbunden werden. Die Bundespolizei darf Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz nur so weit in Anspruch nehmen, als dies zur Wahrnehmung dieser Aufgaben erforderlich ist. Sie darf die bei der Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 1 erlangten personenbezogenen Daten nur für den dort bezeichneten Zweck verwenden. Die Daten dürfen beim [muss richtig heißen: bei der] Bundespolizei nur solange aufbewahrt werden, wie dies zur Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 1 erforderlich ist.

(3) Das Bundesministerium des Innern regelt die Einzelheiten der Aufgabenwahrnehmung nach Absatz 1, insbesondere Art und Umfang der Aufgaben sowie die erforderliche technische und organisatorische Abgrenzung zu den sonstigen Aufgabenbereichen der Bundespolizei, in einer Dienstanweisung und unterrichtet hierüber sowie über erforderliche Änderungen das Parlamentarische Kontrollgremium.

§ 11
Verwendung zur Unterstützung eines Landes

(1) Die Bundespolizei kann zur Unterstützung eines Landes verwendet werden

  1. zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Fällen von besonderer Bedeutung nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes,
  2. zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 des Grundgesetzes,
  3. zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes nach Artikel 91 Abs. 1 des Grundgesetzes,

soweit das Land ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen kann.

(2) Die Unterstützung eines Landes durch die Bundespolizei nach Absatz 1 richtet sich nach dem für das Land geltenden Recht. Vorbehaltlich des Artikels 35 Abs. 3 des Grundgesetzes unterliegt die Bundespolizei dabei den fachlichen Weisungen des Landes.

(3) Die Entscheidung über eine Verwendung der Bundespolizei nach Absatz 1 trifft im Fall des Artikels 35 Abs. 3 des Grundgesetzes die Bundesregierung, im übrigen das Bundesministerium des Innern auf Anforderung des Landes. Das Bundesministerium des Innern kann seine Entscheidungsbefugnis in bestimmten Fällen durch Verwaltungsvorschrift auf die Bundespolizeipräsidien übertragen.

(4) Einer Anforderung der Bundespolizei ist zu entsprechen, soweit nicht eine Verwendung der Bundespolizei für Bundesaufgaben dringender ist als die Unterstützung des Landes. Die Anforderung soll alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrages enthalten. Die durch eine Unterstützung eines Landes nach Absatz 1 entstehenden Mehrkosten trägt das Land, sofern nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen in einer Verwaltungsvereinbarung etwas anderes bestimmt wird.

(5) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.

§ 12
Verfolgung von Straftaten

(1) Die Bundespolizei nimmt die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung (§§ 161, 163 der Strafprozeßordnung) wahr, soweit der Verdacht eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des Strafgesetzbuches) besteht, das

  1. gegen die Sicherheit der Grenze oder die Durchführung seiner [muss richtig heißen: ihrer] Aufgaben nach § 2 gerichtet ist,
  2. nach den Vorschriften des Paßgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes oder des Asylverfahrensgesetzes zu verfolgen ist, soweit es durch den Grenzübertritt oder in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem begangen wurde,
  3. einen Grenzübertritt mittels Täuschung, Drohung, Gewalt oder auf sonst rechtswidrige Weise ermöglichen soll, soweit es bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs festgestellt wird,
  4. das Verbringen einer Sache über die Grenze ohne behördliche Erlaubnis als gesetzliches Tatbestandsmerkmal der Strafvorschrift verwirklicht, sofern dem Bundesgrenzschutz durch oder auf Grund eines Gesetzes die Aufgabe der Überwachung des Verbringungsverbotes zugewiesen ist,
  5. auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes begangen wurde und gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn gerichtet ist oder das Vermögen der Bahn oder ihr anvertrautes Vermögen betrifft,
  6. dem deutschen Strafrecht unterliegt und Strafverfolgungsmaßnahmen auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers im Rahmen des § 6 erforderlich macht,

darüber hinaus, soweit der Verdacht eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches besteht sowie in Fällen der Nummer 6. Das Bundesministerium des Innern bestimmt das Nähere über die unter Satz 1 fallenden Straftaten durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und mit Zustimmung des Bundesrates. Soweit Satz 1 Nr. 4 betroffen ist, ist auch das Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen herzustellen.

(2) Die Bundespolizei ist vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Zuständigkeitsregelungen für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung in den Fällen des Absatzes 1 örtlich zuständig, wenn die Straftat in seinem [muss richtig heißen: ihrem] räumlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 7) begangen wurde. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit anderer Polizeibehörden für die Strafverfolgung auch in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. Die Staatsanwaltschaft kann im Benehmen mit der Bundes[muss richtig heißen: ihrer] die Ermittlungen einer anderen sonst zuständigen Polizeibehörde übertragen.

(3) Bei Straftaten, die nicht dem Absatz 1 unterfallen, ist die Sache unverzüglich an die zuständige Strafverfolgungsbehörde abzugeben. Die Verpflichtung der Bundes[muss richtig heißen: ihrer] nach § 163 Abs. 1 der Strafprozeßordnung, alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten, bleibt unberührt Die Sätze 1 und 2 gelten für Straftaten im Sinne des Absatzes 1 entsprechend, wenn diese im Zusammenhang mit weiteren Straftaten stehen und das Schwergewicht der Straftaten insgesamt außerhalb der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt oder wenn bei Straftaten außerhalb des Küstenmeers nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz Ermittlungshandlungen im deutschen Hoheitsgebiet erforderlich sind. Die Staatsanwaltschaft kann in Zweifelsfällen die zuständige Polizeibehörde bestimmen.

(4) Sind Ermittlungshandlungen außerhalb der in § 1 Abs. 7 bezeichneten Bereiche erforderlich, trifft die Bundespolizei seine Maßnahmen im Benehmen mit der Polizei des Landes.

(5) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) und haben die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nach der Strafprozeßordnung. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz gelten auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers bei der Verfolgung von Straftaten zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrnehmung völkerrechtlicher Befugnisse die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend.

§ 13
Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten

(1) Die Bundespolizei nimmt im Rahmen der ihr obliegenden Aufgaben die polizeilichen Aufgaben nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wahr. § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie Abs. 4 gilt entsprechend.

(2) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind für Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 111 und 113 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, die im Aufgabenbereich der Bundespolizei begangen wurden, die Bundespolizeiämter.

(3) Die durch oder auf Grund anderer Bundesgesetze übertragene Zuständigkeit von Bundespolizeibehörden für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten als Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten bleibt unberührt.

(4) Die Beamten im Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei, die mindestens vier Jahre dem Polizeivollzugsdienst angehören, sind im Rahmen ihrer Aufgaben ermächtigt, Verwarnungen zu erteilen und Verwarnungsgelder zu erheben.

Abschnitt 2
Befugnisse
Unterabschnitt 1
Allgemeine Befugnisse und allgemeine Vorschriften

§ 14
Allgemeine Befugnisse

(1) Die Bundespolizei kann zur Erfüllung seiner [muss richtig heißen: ihrer] Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz die Befugnisse der Bundespolizei besonders regelt.

(2) Gefahr im Sinne dieses Abschnitts ist eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Bereich der Aufgaben, die der Bundespolizei nach den §§ 1 bis 7 obliegen. Eine erhebliche Gefahr im Sinne dieses Abschnitts ist eine Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut, wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, wesentliche Vermögenswerte oder andere strafrechtlich geschützte Güter von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit.

(3) Zur Erfüllung der Aufgaben, die der Bundespolizei durch andere Rechtsvorschriften des Bundes zugewiesen sind, hat sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse nicht oder nicht abschließend regeln, hat die Bundespolizei die Befugnisse, die ihm [muss richtig heißen: ihr] nach diesem Gesetz zustehen. Satz 2 gilt auch für die Befugnisse der Bundespolizei im Rahmen der Aufgaben zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs nach § 4, soweit die § 5 des Luftverkehrsgesetzes keine Regelungen enthalten.

Anmerkung: Die Änderung des vorstehenden Konditionalsatzes durch Art. 3 Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben verstößt gegen grammatische Grundregeln. Der Konditionalsatz müsste offensichtlich richtig heißen: soweit § 5 des Luftverkehrsgesetzes keine Regelungen enthält.

§ 15
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

§ 16
Ermessen, Wahl der Mittel

(1) Die Bundespolizei trifft ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Kommen zur Abwehr einer Gefahr mehrere Mittel in Betracht so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird. Dem Betroffenen ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird.

§ 17
Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

(1) Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen sie zu richten.

(2) Ist die Person noch nicht vierzehn Jahre alt, so können die Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die zur Aufsicht über sie verpflichtet ist. Ist für die Person ein Betreuer bestellt, so können die Maßnahmen auch gegen den Betreuer im Rahmen seines Aufgabenbereichs gerichtet werden.

(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist die Gefahr in Ausführung der Verrichtung, so können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die andere zu der Verrichtung bestellt hat.

§ 18
Verantwortlichkeit für das Verhalten von Tieren oder den Zustand von Sachen

(1) Geht von einem Tier oder einer Sache eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Die nachfolgenden für Sachen geltenden Vorschriften sind auf Tiere entsprechend anzuwenden.

(2) Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden. Dies gilt nicht, wenn der Inhaber der tatsachlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausübt.

(3) Geht die Gefahr von einer herrenlosen Sache aus, so können die Maßnahmen gegen denjenigen gerichtet werden, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.

§ 19
Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme

(1) Die Bundespolizei kann eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Der von der Maßnahme Betroffene ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Entstehen der Bundespolizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme Kosten, so sind die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen zum Ersatz verpflichtet. Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner. Die Kosten können im Verwaltungsvollstreckungsverfahren beigetrieben werden.

§ 20
Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

(1) Die Bundespolizei kann Maßnahmen gegen andere Personen als die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen richten, wenn

  1. eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist,
  2. Maßnahmen gegen die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,
  3. die Bundespolizei die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch einen Beauftragten abwehren kann und
  4. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.

Die Maßnahmen dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.

(2) Die Bundespolizei kann ferner Maßnahmen gegen andere Personen als die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen richten, soweit sich dies aus den nachfolgenden Vorschriften dieses Abschnitts ergibt.

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