Haftpflichtgesetz

In der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Januar 1978
[In Kraft getreten zum 1. Januar 1978; BGBl. I S. 145]

Änderungen seit Neufassung

Hinweis: Die hier folgende Fassung ist durch das zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 im Wesentlichen überholt. Die nunmehr gültig gewordene Fassung mit diesen Änderungen, jedoch ohne die durch Zeitablauf mittlerweile obsolete Maßgabe zum Einigungsvertrag können Sie hier aufrufen.


Das HPflG [nicht amtliche Abkürzung - in der juristischen Praxis findet sich auch die Bezeichnung HaftPflG] gilt im Beitrittsgebiet mit folgender Maßgabe (Anlage I Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 14 des Einigungsvertrages):

Dieses Gesetz ist nur auf solche Schadensfälle anwendbar, die am Tag des Wirksamwerdens des Beitritts oder danach eingetreten sind.


Das HPflG wurde ursprünglich unter der Bezeichnung «Gesetz betreffend die Verbindlichkeit zum Schadensersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken, Fabriken, Steinbrüchen und Gräbereien herbeigeführten Tötungen und Körperverletzungen» vom 7. Juni 1871 erlassen und am 14. Juni 1871 in RGBl. S. 145 verkündet. Wesentliche Änderungen im Laufe der Gültigkeit des «Reichshaftpflichtgesetzes - RHG» waren:
 
Wesentliche Änderungen im Laufe der Gültigkeit waren:
 
- die Anpassung an die Reichsjustizgesetze,
- die mehrmalige Heraufsetzung der Haftungshöchstgrenzen,
- die Einbeziehung der Haftung für Sachschäden nach dem ehemaligen SHG,
- die Übernahme der Verjährungsfristen nach BGB.
 
Die hier wiedergegebene Neubekanntgabe erfolgte mit einer neuen durchlaufenden Nummerierung. Zum Verständnis von vorher ergangenen Gerichtsentscheidungen habe ich hier eine Konkordanz zur vorherigen Paragraphenfolge erstellt. Die darin eingefügten Inhaltsbezeichnungen der einzelnen Paragraphen habe ich zitiert aus
Schönfelder, Deutsche Gesetze, Nr. 33:

Paragraph (neu)   Paragraph (RHG Fassung 1943 bzw. SHG)
1 Haftung des Bahnbetriebsunternehmers 1 RHG / 1, 2 und 10 SHG
2 Haftung des Inhabers einer Energieanlage 1a RHG
3 Haftung sonstiger Betriebsunternehmer 2 RHG
4 Mitwirkendes Verschulden (§ 254 BGB unmittelbar) / 3 SHG
5 Umfang des Schadensersatzes bei Tötung 3 RHG
6 Umfang des Schadensersatzes bei Körperverletzung 3a RHG
7 Zwingendes Recht 5 RHG
8 Geldrente oder Kapitalabfindung 7 RHG
9 Haftungsgrenze 7a RHG / 4 SHG
10 Haftungsgrenze für Sachschaden durch Energieanlage 7b RHG
11 Verjährung 8 RHG / 6 SHG
12 Weitergehende Haftungen 9a RHG / 7 SHG
13 Mehrere Haftpflichtige 9 und 9b RHG / 8 SHG
14 Wahlgerichtsstand 10 RHG / 11 SHG

Auf Grund des Artikels 6 des Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 16. August 1977 (BGBl. I S. 1577) wird nachstehend der Wortlaut des Haftpflichtgesetzes in der seit dem 1. Januar 1978 geltenden Fassung bekanntgemacht. Die Neufassung berücksichtigt:

  1. die im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 935-1, veröffentlichte bereinigte Fassung des Gesetzes betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken usw. herbeigeführten Tötungen und Körperverletzungen (Reichshaftpflichtgesetz) nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958 (BGBl. I S. 437) und des § 3 des Gesetzes über den Abschluß der Sammlung des Bundesrechts vom 28. Dezember 1968 (BGBl. I, S. 1451),
  2. den am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen Artikel 9 Nr. 17 der Vereinfachungsnovelle vom 3. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3281),
  3. den am 1. Januar 1978 in Kraft getretenen Artikel 1 des eingangs erwähnten Gesetzes vom 16. August 1977.

§ 1

(1) Wird bei dem Betrieb einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Betriebsunternehmer dem Geschädigten zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht ist. Soweit jedoch die Schienenbahn innerhalb des Verkehrsraumes einer öffentlichen Straße betrieben wird, ist die Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht ist, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit der Fahrzeuge oder Anlagen der Schienenbahn noch auf einem Versagen ihrer Verrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis insbesondere dann, wenn es auf das Verhalten des Geschädigten oder eines nicht bei dem Betrieb beschäftigten Dritten oder eines Tieres zurückzuführen ist und sowohl der Betriebsunternehmer als auch die beim Betrieb tätigen Personen jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet haben.

(3) Die Ersatzpflicht ist ferner ausgeschlossen, wenn eine

  1. zur Aufbewahrung angenommene Sache beschädigt wird;
  2. beförderte Sache beschädigt wird, es sei denn, daß ein Fahrgast sie an sich trägt oder mit sich führt.

§ 2

(1) Wird durch die Wirkungen von Elektrizität, Gasen, Dämpfen oder Flüssigkeiten, die von einer Stromleitungs- oder Rohrleitungsanlage oder einer Anlage zur Abgabe der bezeichneten Energien oder Stoffe ausgehen, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Inhaber der Anlage verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Das gleiche gilt, wenn der Schaden, ohne auf den Wirkungen der Elektrizität, der Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten zu beruhen, auf das Vorhandensein einer solchen Anlage zurückzuführen ist, es sei denn, daß sich diese zur Zeit der Schadensverursachung in ordnungsmäßigem Zustand befand. Ordnungsmäßig ist eine Anlage, solange sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht und unversehrt ist.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Anlagen, die lediglich der Übertragung von Zeichen oder Lauten dienen.

(3) Die Ersatzpflicht nach Absatz 1 ist ausgeschlossen,

  1. wenn der Schaden innerhalb eines Gebäudes entstanden und auf eine darin befindliche Anlage (Absatz 1) zurückzuführen oder wenn er innerhalb eines im Besitz des Inhabers der Anlage stehenden befriedeten Grundstücks entstanden ist;
  2. wenn ein Energieverbrauchgerät oder eine sonstige Einrichtung zum Verbrauch oder zur Abnahme der in Absatz 1 bezeichneten Stoffe beschädigt oder durch eine solche Einrichtung ein Schaden verursacht worden ist;
  3. wenn der Schaden durch höhere Gewalt verursacht worden ist, es sei denn, daß er auf das Herabfallen von Leitungsdrähten zurückzuführen ist.

§ 3

Wer ein Bergwerk, einen Steinbruch, eine Gräberei (Grube) oder eine Fabrik betreibt, haftet, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter angenommene Person durch ein Verschulden in Ausführung der Dienstverrichtungen den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat, für den dadurch entstandenen Schaden.

§ 4

Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt, so gilt § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; bei Beschädigung einer Sache steht das Verschulden desjenigen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Geschädigten gleich.

§ 5

(1) Im Falle der Tötung ist der Schadensersatz (§§ 1, 2 und 3) durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Getötete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.

(2) Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war.

§ 6

Im Falle einer Körperverletzung ist der Schadensersatz (§§ 1, 2 und 3) durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist.

§ 7

Die Ersatzpflicht nach den §§ 1 bis 3 dieses Gesetzes darf, soweit es sich um Personenschäden handelt, im voraus weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Das gleiche gilt für die Ersatzpflicht nach § 2 dieses Gesetzes wegen Sachschäden, es sei denn, daß der Haftungsausschluß oder die Haftungsbeschränkung zwischen dem Inhaber der Anlage und einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen oder einem Kaufmann im Rahmen eines zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörenden Vertrages vereinbart worden ist. Entgegenstehende Bestimmungen und Vereinbarungen sind nichtig.

§ 8

(1) Der Schadensersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten sowie der nach § 5 Abs. 2 einem Dritten zu gewährende Schadensersatz ist für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten.

(2) Die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung.

(3) Ist bei der Verurteilung des Verpflichteten zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt worden, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urteile bestimmten Sicherheit verlangen.

§ 9

Der Unternehmer oder der in § 2 bezeichnete Inhaber der Anlage haftet im Falle des § 8 Abs. 1 nur bis zu einer Jahresrente von dreißigtausend Deutsche Mark für jede getötete oder verletzte Person.

§ 10

(1) Der Unternehmer oder der in § 2 bezeichnete Inhaber der Anlage haftet für Sachschäden nur bis zum Betrag von einhunderttausend Deutsche Mark, auch wenn durch dasselbe Ereignis mehrere Sachen beschädigt werden.

(2) Sind auf Grund desselben Ereignisses an mehrere Personen Entschädigungen zu leisten, die insgesamt den Höchstbetrag von einhunderttausend Deutsche Mark übersteigen, so verringern sich die einzelnen Entschädigungen in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zu dem Höchstbetrag steht.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für die Beschädigung von Grundstücken.

§ 11

Auf die Verjährung finden die für unerlaubte Handlungen geltenden Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.

§ 12

Unberührt bleiben gesetzliche Vorschriften, nach denen ein Ersatzpflichtiger in weiterem Umfang als nach den Vorschriften dieses Gesetzes haftet oder nach denen ein anderer für den Schaden verantwortlich ist.

§ 13

(1) Sind nach den §§ 12 mehrere einem Dritten zum Schadensersatz verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Ersatzpflichtigen untereinander Pflicht und Umfang zum Ersatz von den Umständen, insbesondere davon ab, wie weit der Schaden überwiegend von dem einen oder dem anderen verursacht worden ist. Dasselbe gilt, wenn der Schaden einem der Ersatzpflichtigen entstanden ist, von der Haftpflicht, die einen anderen von ihnen trifft.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn neben den nach den §§ 12 Ersatzpflichtigen ein anderer für den Schaden kraft Gesetzes verantwortlich ist.

§ 14

Für Klagen, die auf Grund dieses Gesetzes erhoben werden, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das schädigende Ereignis stattgefunden hat.

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  Letzte Änderung am 6. April 2004 von Matthias Dörfler