Verlautbarung des Bundesministeriums für Verkehr

Vom 22. November 1996; Az: StV 16/82.11.10
[Bekannt gemacht VkBl. 1996 S. 646]

Nachstehend wird der Wortlaut der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs einschließlich der Begründung bekannt gegeben.

Die Verordnung ist am 20. November 1996 im Bundesgesetzblatt I Nr. 59, S. 1726, verkündet worden und am 21. November 1996 in Kraft getreten.


Hinweis: Die nachstehenden Änderungen sind im konsolidierten Text der StrVerkSiV berücksichtigt.

Erste Verordnung zur Änderung der
Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs

Vom 12. November 1996

Auf Grund des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 2 Nr. 3 und 4, des § 5 Abs. 1 Satz 1 und des § 19 Abs. 8 des Verkehrssicherstellungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1968 (BGBl. I S. 1082) verordnet die Bundesregierung:

Artikel 1

Die Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs vom 23. September 1980 (BGBl. I S. 1795), zuletzt geändert durch Artikel 12 Abs. 84 des Gesetzes vom 14. September 1994 (BGBl. I S. 2325), wird wie folgt geändert:

1.

In § 4 Abs. 2 Nr. 8 werden die Wörter ", der Mitglieder der Ständigen Vertretung der DDR (rote Sonderausweise)" und ", der Fahrer der Ständigen Vertretung der DDR (blaue Ausweise)" gestrichen.

2.

§ 8 Abs. 3 und 4 wird wie folgt gefaßt:

"(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen dürfen nur getroffen werden, wenn dies zur Sicherstellung des lebenswichtigen Verkehrs erforderlich ist. Die in Absatz 2 genannten Maßnahmen haben außerdem zur Voraussetzung, daß der Betrieb und die Beförderung mit den dem Unternehmer regelmäßig zur Verfügung stehenden Kraftomnibussen möglich ist.

(4) Auf Verkehrsleistungen nach Absatz 2 findet die Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (BAnz. Nr. 244) Anwendung. Die höhere Verkehrsbehörde übernimmt die Differenz zwischen dem preisrechtlich zulässigen Höchstpreis und den Einnahmen aus den Beförderungsentgelten. Die Entgelte für Beförderungen auf Grund von Maßnahmen nach Absatz 2 müssen den Entgelten entsprechen, die für vergleichbare Verkehrsleistungen in dem betroffenen Verkehrsraum erhoben werden."

3.

§ 10 wird wie folgt gefaßt:

"§ 10 Zuständigkeiten

(1) In Ländern, in denen höhere Verkehrsbehörden oder höhere Verwaltungsbehörden nicht bestehen, tritt an deren Stelle die oberste Verkehrsbehörde.

(2) Die Länder können bestimmen, daß die Zuständigkeiten

  1. der unteren Verkehrsbehörden nach § 5 Abs. 4 und § 7 Abs. 5 ganz oder teilweise von den Behörden der kreisangehörigen Gemeinden oder Gemeindeverbände,
  2. der höheren Verkehrsbehörden nach § 8 Abs. 1, 2 und 4 ganz oder teilweise von den unteren Verkehrsbehörden

wahrgenommen werden."

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

[Es folgen die Angaben zur Ausfertigung]

Begründung

I. Allgemeines

1. Eine wesentliche Aufgabe des Staates ist es, eine ausreichende und geordnete Versorgung der Bevölkerung und der Streitkräfte mit lebenswichtigen Verkehrsleistungen auch in Notsituationen sicherzustellen. Diesem Zweck dient das Verkehrssicherstellungsgesetz (VSG) vom 24. August 1965 (BGBl. I S. 927) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1968 (BGBl. I S. 1082). Es ist die gesetzliche Grundlage für staatliche Eingriffe, den Verkehr allgemein an die besonderen Verhältnisse eines Verteidigungsfalles anzupassen.

2. Die auf Grund dieses Gesetzes erlassene Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs vom 23. September 1980 (BGBl. I S. 1795) enthält straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, die es ermöglichen, im Spannungs- und im Verteidigungsfall auftretende Schwierigkeiten in der Verkehrsabwicklung begegnen zu können mit dem Ziel, die Leistungsfähigkeit des Straßenverkehrs zu erhalten.

3. Die Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs ist in einigen Teilen überholt und bedarf der Änderung; Einzelheiten vgl. Abschnitt II. Die vorliegende Änderungs-Verordnung dient der Aktualisierung; sie entspricht der Neukonzeption der zivilen Verteidigung (Bericht zur zivilen Verteidigung - Gesamtkonzeption - vom 27. Juni 1995 an den Innen- und Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages).

II. Zu den einzelnen Vorschriften

1. Zu § 4 - Erlaubnisfreie Fahrten

Nach der deutschen Einheit sind die Regelungen für die Ständige Vertretung der DDR zu streichen.

2. Zu § 8 - Betriebs- und Beförderungspflichten im Linienverkehr

Gemäß § 8 können Betriebs- und Beförderungspflichten im Linienverkehr durch die höhere Verkehrsbehörde auferlegt werden (vgl. Abs. 2); nach der derzeitigen Fassung kann jedoch die höhere Verkehrsbehörde praktisch keine Betriebs- und Beförderungspflichten auferlegen, weil sie wirtschaftlich zumutbar sein müssen (vgl. Abs. 3 Nr. 2) und diese Zumutbarkeit an die Entgelte gebunden ist, die für vergleichbare Verkehrsleistungen in dem betroffenen Verkehrsraum erhoben werden (vgl. Abs. 4).

Die Einnahmen aus dem öffentlichen Nahverkehr sind vielfach nicht mehr kostendeckend; Ausgleiche der öffentlichen Hand sind notwendig.

Die EWG-Verordnung 1191/69 in der Fassung der Verordnung 1893/91 verlangt, daß staatliche Aufgabenträger einer Verkehrsleistung im ÖPNV, die vom Unternehmer nicht eigenwirtschaftlich erbracht werden können, entweder diese gewünschte Verkehrsleistung zum Gegenstand der Vereinbarung mit den Unternehmen macht oder sie dem Unternehmen auferlegt - verbunden mit der Verpflichtung zum Defizitausgleich für den Aufgabenträger -; es muß gleichzeitig eine Lösung ausgewählt werden, die die geringsten Kosten für die Allgemeinheit mit sich bringt.

Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ist dieser EU-Regelung mit Wirkung zum 1. 1. 1996 angepaßt worden; die Verordnung zur Anwendung von § 13a Abs. 1 Satz 3 des PBefG vom 15. 12. 1995 definiert zum Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen den Begriff "geringste Kosten für die Allgemeinheit", indem Leistungen ausgeschrieben werden müssen und dem Wettbewerb unterliegen. Dieses Verfahren ist für die nach § 8 der Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs zu fordernden ÖPNV-Leistungen nicht geeignet, weil die Verteidigungsplanung anderen Regeln unterliegt (Kontrahierungszwang); Absatz 4 ist deshalb anzupassen.

Die Auferlegung von Betriebs- und Beförderungspflichten (§ 8 Abs. 2 StrVerkSiV) sind Leistungsauflagen und -anweisungen im Sinne von § 2 Abs. 4 Nr. 2 der "Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen"; diese Vorschrift enthält ausdrücklich eine Sonderregelung für die Fälle, in denen Leistungen durch hoheitliche Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden. Dabei ist besonders darauf hinzuweisen, daß die im Wege der Auflage oder Anweisung erstellten Leistungen nicht nur für den öffentlichen Auftraggeber selbst, sondern auch für andere Berechtigte (sogar Private) bestimmt sein können.

Der leistungspflichtige Auftragnehmer, der die angewiesenen Leistungen wegen des Leistungsgebotes nicht verweigern darf, erfährt somit einen Preisschutz in der Weise, daß er grundsätzlich einen Anspruch auf den nach der VO PR Nr. 30/53 zulässigen Höchstpreis hat. Im Ergebnis wird er damit so gestellt, als ob er öffentlicher Auftragnehmer wäre (vgl. auch Ebisch, Gottschalk, Preise und Preisprüfungen, 6. Auflage, 1994, RdNr. 73 zu § 2 VO PR Nr. 30/53).

Die genannten Preisrechtsvorschriften erfassen sowohl die Preise bei marktgängigen Leistungen als auch die Preise für spezifische Individualleistungen, für die Marktpreise nicht festgestellt werden können (Selbstkostenpreise), wobei Marktpreisen grundsätzlich der Vorrang vor Selbstkostenpreisen zu geben ist. Bei Selbstkostenpreisen sind die Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) anzuwenden.

Die Einhaltung dieser öffentlich-rechtlichen Vorschriften kann von den Preisbildungs- bzw. Preisüberwachungsstellen der Länder von Amts wegen oder auf Ersuchen überprüft werden (Preisprüfung nach § 9 VO PR Nr. 30/53).

Sie stellen im Rahmen der Preisprüfung den preisrechtlich zulässigen Höchstpreis fest. Der Preisprüfungsbericht stellt eine gutachterliche Stellungnahme dar und dient den höheren Verkehrsbehörden als Grundlage für die Ermittlung des von ihnen zu übernehmenden Differenzbetrages. Die Kosten hat der Bund entsprechend § 25 Abs. 1 VSG zu tragen.

Durch die Berücksichtigung einer Ausfallgarantie kann die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 festgeschriebene Voraussetzung des wirtschaftlich Zumutbaren gestrichen werden.

Die Anpassung des § 8 Abs. 4 StrVerkSiV steht im Einklang mit den Vorschriften des § 31 Bundesleistungsgesetz - Preisvorschriften -, des § 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 VSG - Entschädigungen bei erweiterten Leistungspflichten von Verkehrsunternehmen - und § 24 VSG - Härteausgleich.

3. Zu § 10 - Zuständigkeiten

Nicht in allen Ländern bestehen höhere Verkehrsbehörden bzw. höhere Verwaltungsbehörden; in diesen Fällen sollen grundsätzlich die obersten Verkehrsbehörden der Länder zuständig sein. Diese Regelung entspricht nunmehr auch der VSG-Zuständigkeitsverordnung vom 12. 8. 1992 (BGBl. I S. 1529) - (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3a).

Darüber hinaus sollen die Länder auch bestimmen können, daß die Zuständigkeiten der höheren Verkehrsbehörde nach § 8 ganz oder teilweise von der unteren Verkehrsbehörde wahrgenommen werden.

1985 hatte die niedersächsische Staatskanzlei bei den Überlegungen zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung des Bundes angeregt, die Zuständigkeit nach § 8 der Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs von der höheren auf die untere Verkehrsbehörde zu verlagern. Eine solche zwingende Verlagerung der Zuständigkeit wurde nicht von allen Ländern mitgetragen. Der Bund/Länder-Fachausschuß "Zivile Verteidigung im Straßenverkehr" hat am 27./28. 5. 1986 in Duisburg beschlossen, eine Delegationsmöglichkeit der Länder als Kannbestimmung bei passender Gelegenheit vorzusehen.

III. Kosten

Bund, Länder und Gemeinden werden vor einer Anwendung der geänderten Verordnung nicht mit Kosten belastet. Auswirkungen auf Einzelpreise, das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Lediglich bei Anwendbarkeit der Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs hat der Bund die Kosten auf Grund § 25 Verkehrssicherstellungsgesetz zu tragen, die durch Maßnahmen nach § 8 der Verordnung zur Sicherstellung des Straßenverkehrs entstehen (Bundesauftragsverwaltung). Dies ist vergleichbar mit den Entschädigungsvorschriften des Bundesleistungsgesetzes, wenn Verkehrsleistungen gefordert werden.

Es entstehen keine Kosten bei Wirtschaftsunternehmen, insbesondere auch keine Kosten bei mittelständigen Unternehmen.

--Zierlinie--

Top Zum Anfang dieser Seite      
Teil-Übersicht Gesetze Zur Teil-Übersicht Sicherstellung des Verkehrs bei Notständen   Zur rubrikweisen Übersicht der Rechtsvorschriften Gesetze nach Sachbereichen
Abkürzungen Zum Abkürzungsverzeichnis   Zur Suchfunktion Suchfunktion
Hauptseite Zur Hauptseite   Zu den Neuerungen Neuerungen
Allerlei Zum Allerlei
(externer Server)
  Zu den Foto-Ausflügen
(externer Server)
Fotoseiten
Altbadisches Zum altbadischen Bahnenrecht
(externer Server)
  Letzte Änderung am 27. Juni 2004 von Matthias Dörfler